Vier Teams, zwei Länder, eine Mission:

Erfolgreicher Technologie-transfer auf erstem Elektromobilitätsforum Ingolstadt-Brasilien

Joinville / Brasilien, 30. September 2013. Am Wochenende fand das erste Elektromobilitätsforum Ingolstadt-Brasilien in Joinville/ Santa Catarina seinen erfolgreichen Abschluss. Eröffnet wurde die Veranstaltung vom ehemaligen brasilianischen Wissenschaftsminister und Gouverneur des Bundesstaates Santa Catarina, Senator Luiz Henrique da Silveira. Gastgeber waren die Stadt Joinville sowie deren Bürgermeister Udo Döhler. Einmütig hoben die anwesenden Politiker das Format der Veranstaltung hervor: Es sei einmalig, dass sich mit Schanzer Racing Electric der Technischen Hochschule Ingolstadt (THI) und drei weiteren universitären Teams aus Brasilien gleich vier ambitionierte Mannschaften zu grenzüberschreitenden Forschungsaktivitäten rund um einen elektrisch angetriebenen Rennwagen zusammengefunden hätten. Das Elektromobilitätsforum war in das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung finanzierte Brasiliennetzwerk Applied Network on Automotive Research and Education (AWARE) der THI eingebettet und wurde im Rahmen der Initiative „Deutschlandjahr in Brasilien“ vom Deutschen Wissenschafts- und Innovationshaus São Paulo finanziert und vor Ort tatkräftig unterstützt.

Konkret ging es um die gemeinsame Entwicklung eines elektrischen Vierradantriebs, gleichermaßen nutzbar für die beteiligten Rennteams bzw. Partnerhochschulen aus Campinas, Curitiba, Florianópolis und Ingolstadt: Basierend auf einem gemeinsamen Aufbau zweier Simulatoren und den Erkenntnissen aus den sich daran anschließenden virtuellen Fahrversuche wurde die Auslegung der elektrischen Antriebe ermittelt. Die Ergebnisse dieses fünftägigen Workshops dienen der Konzeption eines deutsch-brasilianischen Elektromotors und dessen Implementierung als gemeinsamen Plattformantrieb sowohl für Schanzer Racing als auch für die brasilianischen Teams. Künftige technische Herausforderungen wurden insbesondere auch mit der brasilianischen Industrie diskutiert, etwa mit dem Simulationsspezialisten ESSS und dem Elektromotorenhersteller WEG aus dem nahegelegenen Jaraguá do Sul. Ein erster greifbarer Meilenstein für eine diesbezügliche Ausweitung der Aktivitäten ist in den aktuell anlaufenden Kooperationsgesprächen zwischen WEG und Schanzer Racing Electric bzw. dem Zentrum für Angewandte Forschung der THI zu sehen.

Höhepunkt und Abschluss des Forums bestanden sicherlich in der vom brasilianischen VDI-Präsidenten Christian Müller moderierten Podiumsdiskussion über die Zukunft der Elektromobilität in Deutschland und in Brasilien. Entsprechend vielfältig waren die behandelten Themen: Was unterscheidet beide Länder hinsichtlich Ausgangspunkten, Entwicklungsständen, Erfolgen und Fortschritten in der Elektromobilität? Benötigt ein augenscheinlich nahezu energieautonomes Land wie Brasilien diese überhaupt? Wie manifestieren sich Machtkonzentrationen in den Technologiefeldern Elektromobilität auf der einen und den konventionellen Antrieben mit Verbrennungsmotoren auf der anderen Seite und in welchem Ausmaß nehmen Interessensgruppen Einfluss auf die Politik? Kontrovers wurden insbesondere Sicherheits- und Akzeptanzfragen sowie die Sicherheitsforschung im Allgemeinen diskutiert, nicht zuletzt dahingehend, wie man die konträren Anforderungen an die Mobilität brasilianischer Commuter in den Megacities mit denen des Überlandverkehrs in Einklang bringen könne.

Breiter Konsens bestand schlussendlich dahingehend, dass sich die aktuell laufenden Diskussionen über die Elektromobilität nicht in unendlich weiten Zukunftsszenarien verlieren dürften, sondern man sich vielmehr auf das bereits heute Machbare konzentrieren solle: Etwa könnten brasilianischen Großstädte über Carsharing die Einführung elektrisch angetriebener Fahrzeuge vorantreiben, freilich ohne die Vernachlässigung landestypischer Sicherheitsaspekte. Die zentrale Erkenntnis des Forums, und darin waren sich Diskussionsteilnehmer und Zuhörer einig, bestand jedoch darin, dass die deutsche und die brasilianische Industrie gemeinsam mit den Hochschulen beider Länder die Forschung in diesem Bereich weiter voranzutreiben haben. Unvoreingenommenheit, Kreativität und interdisziplinäre Herangehensweise auf der einen und die Umsetzungskompetenz auf der anderen Seite seien noch stärker zusammenzuführen um die Innovationslücke zu schließen. Als erster Schritt in diese Richtung ist eine Neuauflage der Veranstaltung im kommenden Jahr geplant, diesmal unter noch stärkerer Beteiligung sowohl der deutschen als auch der brasilianischen Automobilindustrie. Das zweite Elektromobilitätsforum Ingolstadt-Brasilien wird voraussichtlich Ende 2014 in Ingolstadt stattfinden.