Brasilien hat mich schon immer gereizt und durch die Möglichkeit eines AWARE-Stipendiums ist diese Möglichkeit erst ins Licht gerückt. Durch Gespräche mit Kollegen, die bereits ein Auslandspraktikum oder Studiensemester in Brasilien absolviert haben, wurden meine Vorstellungen bestätigt und ich bewarb mich für ein Auslandspraktikum. Im Unterschied zu den anderen Studentenberichten, konnte ich durch AWARE ein Auslandspraktikum in Curitiba am Forschungsinstitut LACTEC absolvieren.
Ankommen
Ich hatte mein Zimmer in eine 28er-Wohngemeinschaft bereits von Deutschland gemietet, so konnte ich direkt am Ankunftsdatum einziehen. Die Mitbewohner, die später zu Freunden wurden, waren alle Studenten, größtenteils aus Brasilien, aber es waren auch andere Nationen vertreten. Da das brasilianische Bürokratiesystem ein Chaos ist, empfehle ich neben dem Visum auch die CPF (brasilianische Sozialversicherungsnummer) schon in Deutschland zu beantragen. Für alle anderen Dokumente die in Brasilien beantragt werden müssen, muss viel Wartezeit und Geduld mitgebracht werden. Die Universität (UFPR) hatte ein Buddy-Programm, bei dem jedem Austauschstudenten ein Buddy zugewiesen wird. Ohne meinen Buddy, der bereits mehrere deutsche Studenten bei organisatorischen Belangen unterstützte, wäre alles noch viel komplizierter gewesen. Bevor ich ankam, hatte ich die Befürchtung keinen Anschluss zu finden, diese war jedoch unberechtigt. Die aus freiwilligen Studenten bestehende Gruppe REI hilft ausländischen Studenten bei organisatorischen Gründen und bei der kulturellen Integration. Diese Gruppe veranstaltete eine Willkommenswoche mit unterschiedlichsten Events, was jedem Neuankömmling half viele neue Leute aus der ganzen Welt und aus Brasilien kennen zu lernen. Da sich meine Portugiesisch Kenntnisse zu Beginn auf „Bom dia. Tudo bem?“ beschränkten, war ich in vielen Alltagssituationen auf Hilfe angewiesen. Die offenen und freundlichen Brasilianer kamen stets auf mich zu und fragten, ob ich Hilfe bräuchte, was ich als sehr angenehm empfand.
Curitiba
Curitiba ist die Landeshauptstadt von Paraná und hat über anderthalb Millionen Einwohner, was man jedoch kaum wahrnimmt, da Curitiba eine sehr ruhige Stadt ist, vorausgesetzt man geht nicht zur Rush Hour morgens und abends auf die Straßen. Die Stadt ist sehr grün und bietet einen hohen Lebensstandard, es gibt reiche Viertel aber auch sehr arme Viertel die man meiden sollte. Curitiba bietet einige Sehenswürdigkeiten die man nicht verpassen sollte. Neben den vielen wunderschönen Parks (Parque Tanguá, Parque Barigui) ist das wohl bekannteste Wahrzeichen der Stadt der botanische Garten im Park Jardim Botânico. Wer beim Einkauf von Lebensmittel ein breites Portfolio von Gewürzen über Früchte bis hin zu Fisch und Fleisch finden möchte, muss in den Mercado Muncipal, dort findet man alles was das Herz begehrt. Ein Touristenbus macht es möglich, die Sehenswürdigkeiten leicht zu erkunden. Nach dem Feierabend oder am Wochenende bietet Curitiba unzählige Möglichkeiten auszugehen. Pflichtprogramm ist der Besuch einer Churrascaria, bei der man einmalig zahlt und dann so viel Fleisch und Buffet essen kann wie man will. Dabei muss dazu gesagt werden umso teurer die Churrascaria, umso besser ist das Fleisch und es ist gewöhnlich nach dem Essen mit überfressenem Magen aus dem Restaurant zu gehen. Es gibt unzählige Pubs/Bars (Avenida Vincente Machado oder Rua Coronel Dulcídio bieten hier besonders viel Angebot) in denen man sich entweder ein kühles Bier oder das Nationalgetränk Caipirinha bestellt.
Arbeit am Institut LACTEC
In meinem Praktikum im Zentrallabor Lac arbeitete ich an dem Projekt „Entwicklung von ferngesteuerte Tools, Ausrüstung und Methoden zur Baumstutzung in städtischen Energienetzen.“ Spezifisch ging es um einen ferngesteuerte Roboterarm der am vorderen Ende eine Säge oder eine Astschere befestigt hatte um damit aus sicherer Entfernung die Äste in der Nähe von Stromleitungen zu stutzen. Meine Aufgabe war es, eine Simulation für den Roboterarm zu programmieren, mit der festgestellt werden konnte, ob sich vereinfachte Berechnungsmethoden und Roboterstrukturen negativ auf die Genauigkeit der Robotertrajektorie bei linearen Bewegungen auswirken. Darüber durfte ich anschließend auch ein Forschungspapier schreiben, das im Jahr 2018 veröffentlicht werden soll. Bei Fragen wurde ich immer von Kollegen unterstützt und im Gegenzug versuchte ich meinen Kollegen unter die Arme zu greifen, somit entstand eine sehr gute Arbeitsatmosphäre. Ich konnte bei diesem Projekt bereits erlerntes theoretisches Wissen anwenden und musste darüber hinaus neues Wissen durch Recherche im Internet erlernen.
Wunderschönes Brasilien
Brasilien ist ein Land, das sehr viele wunderschöne Orte hat, weswegen ich am Wochenende sehr viel gereist bin. Zu den Zielen gehörten die Riesen-Wasserfälle Foz do Iguaçu am Länderdreieck Brasilien, Argentinien, Paraguay; die Stadt Florianópolis von der bereits viel in anderen Berichten erzählt wurde; die Insel Ihla do Mel auf der es keine Straßen und Autos gibt und es dadurch sehr entspannt und ruhig ist. Eine Reise nach Rio de Janeiro mit obligatorischem Foto vor der Jesus-Statue, dem Ausflug auf den Zuckerhut und den Besuch der Copacabana durfte auf keinen Fall fehlen. Ich rate jedem der nach Brasilien gehen will, sich nach dem Semester noch ein paar Wochen Zeit zu nehmen um zu reisen, da Brasilien sehr viel zu bieten hat.
Abschluss
Neben der Arbeit konnte ich die brasilianische Kultur und den Lebensstil kennen lernen. Ich habe viele neue langfristige Freundschaften geschlossen. An die Reisen zu den wunderschönen Orten in Brasilien werde ich mich ein Leben lang erinnern können. Schließlich lege ich jedem Studenten der die Möglichkeit hat nahe, ein Praktikum oder Semester im Ausland zu machen, da man dort neben den fachlichen Fähigkeiten sich auch persönlich weiterentwickeln kann und sein Netzwerk an Kontakten erweitern kann.
Ich danke dem Team von AWARE, mir dieses halbe Jahr im Ausland ermöglicht zu haben.
Tom Reimlinger